Herausforderung nach Karriereende
1. Identität und Selbstwert
Die vielleicht größte Hürde ist nicht der fehlende Sport, sondern der fehlende Spiegel:
Du warst jahrelang „die Sprinterin“, „der Hockey-Profi“. Plötzlich bist du „ein Ex-Athlet“.
Was hilft:
- Nicht den alten Maßstab weiter benutzen. Aufhören, dich nach Trainingszeiten, Medaillen oder sportlichem Status zu bewerten.
- Neues Selbstbild aufbauen. Es ist völlig normal, dass es Monate dauert, bis sich ein Gefühl für die neue Rolle einstellt.
- Kontakt zu Ehemaligen. Mit Leuten sprechen, die den Übergang hinter sich haben – sie kennen die Stolperfallen.
Risiko: in ein Loch aus Sinnlosigkeit und Antriebslosigkeit zu fallen, weil der alte Fokus fehlt. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine normale Reaktion auf den Rollenverlust.
2. Körper und Gesundheit
Nach dem Karriereende fallen oft Trainingsvolumen und Routinen drastisch weg.
- Aktiv bleiben, aber nicht im alten Volumen. Einiges an körperlicher Aktivität beizubehalten, schützt nicht nur den Körper, sondern auch die Stimmung.
- Ernährung neu kalibrieren. Energiebedarf sinkt deutlich, alte Essgewohnheiten führen sonst schnell zu Gewichtszunahme.
- Verletzungen/Altlasten behandeln. Jetzt ist der Moment, chronische Beschwerden ernsthaft zu therapieren.
Risiko: Übertrainieren, weil man das alte Gefühl von Fitness zurückhaben will, oder völlig inaktiv werden.
3. Finanzen und Lebensstil
Einnahmen ändern sich häufig abrupt. Gleichzeitig ist der Lebensstil an das alte Einkommen und Umfeld angepasst.
- Realistische Haushaltsplanung. Früh klären, wie lange Rücklagen tragen, welche Einnahmen absehbar sind.
- Neue Einkommensquelle aktiv aufbauen. Trainerrolle, Studium, Business, Coaching, Medien – je nach Typ.
- Steuern, Versicherungen, Rentenlücken checken. Spitzensport hat oft Sonderregeln, und es lohnt sich, jetzt strukturiert zu planen.
Risiko: Noch ein, zwei Jahre auf großem Fuß leben, weil die Umstellung seelisch schmerzt – und dann finanziell in Bedrängnis geraten.
4. Neue Aufgabe / Sinn
Der Rhythmus von Training und Wettkampf ist weg, und der Tag kann seltsam leer wirken.
- Tagesstruktur bauen. Nicht alles auf den Zufall und die Laune des Tages verlassen.
- Neue Lernfelder suchen. Berufliche Bildung, Projekte, vielleicht ein Studium oder eine Trainerlizenz.
- Mentale Begleitung. Viele Verbände bieten Transition-Programme oder haben Sportpsychologen, die beim Rollenwechsel helfen.
Risiko: Zu lange im „Übergangsmodus“ hängen bleiben und das Gefühl haben, nur noch ein Relikt der Vergangenheit zu sein.
Ausblick
Das Wichtigste ist, die Phase als aktive Neuorientierung zu sehen, nicht als passives Ende.
Manche der erfolgreichsten Unternehmer, Trainer und Speaker im Sport waren mittelmäßige Athleten – sie haben nach der Karriere ihre eigentliche Stärke entdeckt.
Gefährlich wird es, wenn jemand glaubt, das Loch alleine aus Stolz durchstehen zu müssen. Der Übergang ist leichter, wenn man ihn als Teamprojekt sieht: Familie, Freunde, ggf. psychologische und berufliche Beratung mit an Bord holen.